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Im Gespräch mit Matthias Michel, Stiftungsrat der Fondation KISS
Matthias Michel engagiert sich seit 2019 als Stiftungsrat für die Stiftung KISS. Als Zuger FDP-Ständerat ist er in der Aussenpolitischen Kommission und in der WBK (Wissen, Bildung und Kultur) aktiv. Politisch und ehrenamtlich beschäftigt er sich unter anderem mit gesellschaftlichen Themen, zum Beispiel der Freiwilligenarbeit in der Schweiz. Im Gespräch gibt Matthias Michel Einblick in seine politische Arbeit und betont die entscheidende Rolle der Freiwilligenarbeit im gesellschaftlichen System. Zudem spricht er über seine Motivation als ehrenamtlicher Stiftungsrat und die Ziele der Stiftung KISS.

28. November 2023, Seraina Müller

Matthias-Michel_23Kürzlich bist du als Ständerat für den Kanton Zug wiedergewählt worden. Welche politischen Schwerpunkte hast du für die kommende Amtsperiode gesetzt, insbesondere im Bezug auf gesellschaftliche Themen wie beispielsweise der nachhaltigen Altersvorsorge?

Diesbezüglich stehen für mich neben der Kommissionsarbeit zwei Themen besonders im Fokus: die Finanzierung von Gesundheits- und Altersdienstleistungen und die dynamische Anpassung des Rentenalters. Im Parlament beschäftigen wir uns zurzeit mit der Finanzierung der Gesundheits- und Pflegeleistungen und beabsichtigen Fehlanreize zu beseitigen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Renteninitiative, die am 3. März zur Abstimmung kommt. Diese Initiative strebt eine flexible Anpassung des AHV-Alters an die Lebenserwartung an, um den demografischen Veränderungen in unserer Gesellschaft gerecht zu werden. Beide Themen sind für mich von hoher Relevanz, da sie die nachhaltige Finanzierung unseres Alters-, Pflege- und Gesundheitssystems betreffen und ein ganzheitliches Verständnis des Systems fördern.

Neben deiner politischen Tätigkeit bist du bist vielerorts ehrenamtlich engagiert, unter anderem als Stiftungsrat bei der Fondation KISS. Wie kam es zu deiner Beteiligung bei der Fondation KISS und welche Motivation steckt für dich dahinter?

Als Zuger kam ich an Susanna Fassbind, der Gründerin von KISS, kaum vorbei. Als ich sie vor 40 Jahren kennen lernte, fiel sie mir als sehr innovative Person mit vielen zukunftsweisenden Ideen auf. Schon damals war Susanna ihrer Zeit voraus, sei es mit der Gründung des Vereins Umwelt Zug oder mit der Idee von KISS.

Persönlich war ich von Anfang an von der KISS-Idee überzeugt, da ich als Liberaler den Ansatz von KISS sehr befürworte: Den Staat durch gesellschaftliche Eigeninitiativen wie der ehrenamtlichen Nachbarschaftshilfe zu entlasten, macht nicht nur finanziell Sinn, sondern belässt die Verantwortung in der Gesellschaft.
Als ich dann Susanna vor ca. fünf Jahren zufällig in der Stadt traf und sich zu diesem Zeitpunkt die Notwendigkeit einer neuen gesamtschweizerischen Struktur für KISS abzeichnete, habe ich die Zeichen erkannt und mich als Stiftungsrat zur Verfügung gestellt.
Bis heute bin ich der festen Überzeugung, dass freiwilliges Engagement in jeder Form eine sinnvolle Tätigkeit ist und wir mit KISS viele Menschen dort unterstützen können, wo sie Hilfe brauchen, ohne staatliche Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen.

KISS betont die Bedeutung von Milizarbeit und dokumentiert die Arbeitszeit ihrer Mitglieder. Inwiefern tragen innovative Ansätze in der Freiwilligenarbeit dazu bei, die Effektivität der Hilfeleistungen zu steigern und einen nachhaltigen Einfluss auf die Gemeinschaft zu erzielen?

In unserer Gesellschaft gibt es ein grosses Potenzial für Freiwilligenarbeit. Im Kanton Zug beispielsweise habe ich dies vor allem durch den Zuzug von Menschen aus dem angelsächsischen Raum gemerkt, welche die Freiwilligenarbeit stark etabliert haben. Es gibt überall viele Menschen, die helfen können und wollen. Das Angebot ist ebenso zahlreich wie die Nachfrage. Menschen aller Generationen sind aus den unterschiedlichsten Gründen auf Hilfe angewiesen, sei es bei der Gartenarbeit oder beim Einkaufen. Das Zusammenbringen von Angebot und Nachfrage durch “Matching” ist die DNA von KISS. Wir haben das Know-how und die Tools, um zu erfassen, wer was kann und wer was braucht, um so eine organisierte Freiwilligenhilfe zu gewährleisten.

Ein weiterer Punkt der für dieses System der organisierten Freiwilligenhilfe, ist die Tatsache, dass Nachbarschaftshilfe früher traditionell durch die Grossfamilie und im Quartier abgedeckt werden konnte. Durch die gesellschaftlichen Entwicklungen und die Individualisierung hat sich dies verändert und ein Vakuum hinterlassen, das durch den Staat kaum abgedeckt werden kann.

Das Tool von KISS, ein flächendeckender Ansatz zur Erfassung der geleisteten Freiwilligenarbeit in Form von Zeit, bietet den Vorteil, diese Daten zu erfassen und die Effizienz und den Wert des freiwilligen Engagements sichtbar zu machen.

Welche Ziele hat die Fondation KISS für die Zukunft, und wie siehst du die Rolle von politischen Vertretern wie dir dabei, diese Ziele zu unterstützen und zu fördern?

Auf der einen Seite wollen wir quantitativ wachsen und das Netz der KISS-Genossenschaften ausbauen. Ziel wäre es, in jedem Kanton mindestens eine Genossenschaft zu haben und insbesondere in der Westschweiz und im Tessin präsenter zu sein. In qualitativer Hinsicht streben wir eine stärkere Vernetzung mit anderen Organisationen und eine übergreifende Koordination an. Wir erhoffen uns von der Zusammenarbeit mit Organisationen wie der Spitex, dass wir Hand in Hand arbeiten können. Dass KISS dort Dienstleistungen übernimmt, wo es am effektivsten ist. Sozusagen eine Dienstleistungskette zu schaffen, in der die Freiwilligenorganisationen eine effiziente und zielorientierte Rolle im System einnehmen. Letztlich wollen wir wirtschaftlich eine solide Finanzierungsbasis für KISS schaffen.
Der Dialog zwischen KISS und der Politik ist meiner Meinung nach entscheidend, um effektiv auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft einzugehen und politische Unterstützung zu erhalten. Bisher konzentriert sich die Unterstützung der Freiwilligenarbeit durch den Bund hauptsächlich auf die Bereiche Jugend und Sport. Ansonsten ist die Regelung der Freiwilligenarbeit Sache der Kantone und Gemeinden. Im Votum zu meiner Interpellation habe ich jedoch auf ein kritisches Problem hingewiesen: die mangelnde Grundfinanzierung für Organisationen, die sich der Freiwilligenarbeit widmen, insbesondere im Hinblick auf Administration und Weiterbildung. Dieser Aspekt erfordert eine Überprüfung und möglicherweise neue politische Massnahmen, um eine nachhaltige Grundlage für die Organisation der Freiwilligenarbeit auf nationaler Ebene zu schaffen.

Wie können politische Institutionen deiner Meinung nach effektiv mit Organisationen wie der Fondation KISS zusammenarbeiten, um mehr Unterstützung für hilfsbedürftige Gemeinschaften zu gewährleisten?

Politische Institutionen wie Kantone und Gemeinden können durch den Abschluss einer Leistungsvereinbarung mit KISS Genossenschaften die Grundlage für eine effektive Zusammenarbeit schaffen. Dadurch kann die öffentliche Hand private Kräfte nutzen, ohne alles selber organisieren zu müssen. KISS kann dabei nicht nur bestimmte Aufgaben in der Nachbarschaftshilfe übernehmen, sondern auch seine Tools zur Dokumentation von Freiwilligenarbeit anderen Organisationen der Freiwilligenarbeit anbieten. Solche Partnerschaften ermöglichen eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten im öffentlichen Interesse.

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